Rektusdiastase nach der Geburt: Was sagt die Forschung und was kann im Alltag helfen?
Viele Frauen bemerken nach der Geburt Veränderungen im Bauchbereich: eine wölbende Mitte, ein Instabilitätsgefühl oder Rückenschmerzen. Oft steckt eine Rektusdiastase dahinter, also das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln entlang der Linea alba. Doch was hilft wirklich?
Welche Therapieformen sind sinnvoll? Und was wissen wir aus der Forschung?
Ein aktueller Scoping Review aus 2024 hat sich genau diese Fragen gestellt und die wissenschaftliche Lage zur konservativen Behandlung von Rektusdiastase untersucht (Dufour & Petrusevski, 2024).
Was wurde untersucht?
Der Review analysierte 31 Studien zur Rektusdiastase bei Frauen rund um Schwangerschaft und Geburt. Dabei wurde geprüft, ob die häufig empfohlenen konservativen Ansätze z. B. Atemübungen, Beckenbodentraining, Core-Aktivierung tatsächlich wissenschaftlich belegt sind.
Was weiß man – und was nicht?
- Keine der untersuchten Studien konnte belegen, dass die Linea alba direkt mit der Atemmechanik zusammenhängt.
- In Bezug auf den Beckenboden und lumbopelvine Schmerzen gibt es Hinweise auf Zusammenhänge, allerdings ist die Evidenzlage uneinheitlich.
- Am besten untersucht ist bislang die Struktur der Bauchwand und die Veränderung des Muskelabstands, aber dieser sagt allein wenig über Funktion oder Symptome aus.
Fazit des Reviews: Viele gängige Empfehlungen scheinen plausibel und klinisch sinnvoll, sind aber noch nicht durch große Studien abgesichert. Es braucht dringend weitere Forschung, besonders zu funktionellen Zusammenhängen und wirksamen Therapieformen.
Und was heißt das jetzt konkret für betroffene Frauen?
Obwohl die Studienlage teils unklar ist, lassen sich aus den bestehenden Erkenntnissen sinnvolle, evidenz-orientierte Empfehlungen ableiten. Wichtig ist: Jede Maßnahme sollte individuell angepasst und achtsam umgesetzt werden.
1. Funktionelle Aktivierung statt bloßes Muskelmessen
Studien zeigen, dass es nicht ausreicht, nur den Abstand zwischen den Bauchmuskeln zu messen. Entscheidend ist, wie die Bauchwand funktioniert, also ob sie in Bewegung, Atmung und Alltag sinnvoll mitarbeitet (Dufour & Petrusevski, 2024).
2. Atemübungen und Core-Kontrolle – fundierte Ansätze
Zwar gibt es noch keine Studie, die explizit den Nutzen von Atemübungen bei Rektusdiastase belegt, aber das Konzept, die tiefe Bauchmuskulatur über die Atmung (z. B. Transversus abdominis) anzusteuern, ist physiologisch sinnvoll und wird in der klinischen Praxis häufig empfohlen.
3. Vorsicht bei Übungen mit hohem Druck
Es gibt derzeit keine randomisierte Studie, die Sit-ups direkt mit Verschlechterung der Rektusdiastase in Verbindung bringt. Jedoch wird in vielen klinischen Leitlinien empfohlen, Drucksteigernde Übungen (z. B. klassische Sit-ups, Planks) in der Frühphase zu vermeiden, da sie die Bauchwand belasten können, wenn keine funktionelle Kontrolle besteht.
4. Alltag bewusster gestalten – mit kleinen Tricks
Was sich laut Review und klinischer Erfahrung empfiehlt, sind verhaltensorientierte Anpassungen, etwa:
- Über die Seite aufstehen, um Druck auf die Mitte zu vermeiden
- Beim Heben oder Tragen ausatmen und den Core aktivieren
- Pressen beim Toilettengang vermeiden – stattdessen mit entspannter Atmung arbeiten
- Kinder möglichst nah am Körper tragen, um Hebelwirkung zu reduzieren
Wie wir dich in der Praxis begleiten
Im Praxisraum Altona verbinden wir das Beste aus evidenzbasierter Physiotherapie und ganzheitlicher Osteopathie. Wir schauen nicht nur auf deinen Muskelabstand, sondern auf dich als Ganzes: Atmung, Haltung, Beckenboden, Alltag.
Gemeinsam erarbeiten wir ein individuelles Programm, das zu deinem Körper und deinem Leben passt und dich wieder in deine Mitte bringt.
Quelle: Dufour, S., & Petrusevski, C. (2024). Does research support the current conservative care recommendations for pregnancy-related diastasis rectus abdominis? A scoping review. Journal of Pelvic, Obstetric and Gynaecological Physiotherapy.
